Literarische Werke übernehmen in der Erinnerungskultur verschiedene Aufgaben und sind daher von großer Bedeutung. Zunächst wird zu denen ein Bezug hergestellt, bei denen es sich um historische Ereignisse handelt, die die gesamte Bevölkerung betreffen.
So kann Literatur beispielsweise Geschehnisse aus der Vergangenheit in schriftlicher Form festhalten und stellt damit einen gemeinsamen Erinnerungsrahmen der Gesellschaft dar, auf den immer wieder zurückgegriffen werden kann. Hierbei spricht man von dem kollektiven Gedächtnis, es zeichnet sich vor allem durch seine Organisiertheit aus. Außerdem können durch die verschiedenen Schriften und Bücher auch neue historische Zusammenhänge erkannt werden, die zu einer wahrheitsgemäßen Erinnerung und Weitergebung der Ereignisse beitragen.
Allerdings kann man durch den zuletzt genannten Aspekt erkennen, dass Erinnerungswahrheiten veränderbar sind, denn die reinen Erinnerungen eines Menschen sind immer auch ein wenig von Subjektivität beeinflussbar.
Dennoch übernehmen literarische Werke eine sehr wichtige Rolle, denn man hat, wie eben bereits beschrieben, etwas, worauf man zurückgreifen kann. Denn im Gegensatz zu schriftlichen Erinnerungen, gibt es auch jene, die ausschließlich mündlich weitergereicht werden und daher verschwinden diese irgendwann.
Dieser Aspekt bezieht sich auf das kommunikative Gedächtnis und man geht davon aus, dass mündliche Erzählungen maximal drei Generationen weit reichen können, bis diese dann verloren gehen. Zudem ist Mündlichkeit eher unorganisiert und unspezialisiert, es werden sehr stark die subjektiven Erfahrungen und Erlebnisse einbezogen.

Es gibt neben dem kollektiven- auch das kulturelle Gedächtnis, welches sich auf einzelne soziale Gruppen beschränkt, die durch die Einteilung verschiedener Aspekte entstehen. Hierbei liegt ein wichtiges Merkmal dabei, dass es auf Dauer und Wiederholungen angelegt ist, um als symbolisches Identitätsmuster zu dienen. Diese Erinnerungen sollen so lange gemeinsam aufrechterhalten werden und für jeden zugängig bleiben, um sich dessen bedienen zu können, wenn sie gebraucht werden. Fiktionale Texte sind in diesem Zusammenhang die repräsentativsten.

Auf unserem Blog kann man diese Ausführungen schriftlicher Erinnerungen gut erkennen, da beispielsweise das Buch „Fritzi war dabei“ auf wahren Erinnerungen verschiedener Personen beruht. Das Buch wird zwar irgendwann wahrscheinlich nicht mehr so oft zu finden sein, aber dennoch kann man es sich bei Bedarf organisieren und noch einmal darin nachschlagen. Das Prinzip gilt natürlich auch bei sehr viel bedeutenderen historischen Werken, die sich noch intensiver mit der Vergangenheit beschäftigen.
Wahrscheinlich könnte man auch Unterschiede zwischen unseren Büchern und sehr alten Geschichtsbüchern erkennen, da die neueren Bücher keine direkten Erinnerungen mehr sind, sondern entweder viel Zeit zwischen dem Ereignis und dem Geschriebenen liegt oder man sich beim Schreiben vielleicht auch bereits auf Vorwissen aus Büchern bezogen hat.

Neumann: Literatur – Erinnerung – Identität